Letter 2 // Bibliothek

Ein Brief an die Stadtbibliothek.

Letter 2 // Bibliothek
Foto von Jessica Ruscello / Unsplash

Liebe Bibliothek,

du bist ein Ort, an dem ich mich gesehen und geschätzt fühle. Zwischen deinen Regalen lasse ich meiner Neugier freien Lauf, folge meiner Entdeckungslust in all deine Winkel oder sitze tief versunken in geschriebene Worte in einem deiner Sessel. Ich tauche in die Ruhe deiner Räume ein und komme bei mir an.

Seit meinen Besuchen in der Kindheit hast du den Ort gewechselt. Die mir einst so vertrauten Räume sind heute eine Galerie und Museum. Kürzlich habe ich sie besucht und das wohlbekannte Knarzen des alten Parkettbodens hat mich zum Kind mit Leseausweis und einem Fahrradkorb voller ausgeliehener Bücher zurückgebracht.

Die Art der Bücher, die ich bei dir ausgeliehen habe, haben sich im Lauf der Jahre verändert. Von Kinderbüchern über Geschichten für Teenager bis hin zu Biografien von starken Frauen. Wie habe ich sie verschlungen und mich in jungen Jahren von Frauen inspirieren lassen, die bewegte und bewegende Leben lebten. Als ich eine Astronomieklasse besucht habe, hattest du ebenfalls das Passende für mich: Bücher über unsere Heimatgalaxie Milchstrasse, das Entstehen und Vergehen von Sternen und unser Sonnensystem – wir leben in einem faszinierenden Universum. ​

Auch heute schöpfe ich aus deinem reichhaltigen Angebot: Gartenbücher, die überraschend oft Inspiration für Business und Arbeit liefern, Gesundheit, Ernährung und Kochen sowie Werke über Zeitgeschehen und Gesellschaft. Hin und wieder leihe ich mir ein Lehrbuch in Französisch oder Italienisch aus – in der Hoffnung meine Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen, auch wenn es dafür inzwischen Apps gibt. Und natürlich greife ich immer noch zu Biografien von Menschen, die außergewöhnliche Leben führen oder geführt haben.

Einen ganz besonderen Moment hast du mir beschert, als sich ein Kreis schloss und ich mein eigenes Buch in deinem Regal entdeckt habe. In diesem Moment wurde ich von der Besucherin zu einem Teil von dir, das hat mich mit Stolz erfüllt.

Vor einigen Jahren habe ich realisiert, dass du nicht nur in Form von ausgeliehenen Büchern in meinem Zuhause zu finden bist. Hohe und prall gefüllte Regale zieren meine Wände und so ist über die Zeit und trotz vieler Umzüge meine eigene Bibliothek entstanden.

Du bist und bleibst der Ort, an den ich immer wieder zurückkehre. Egal, wo du du dich befindest oder welche Räume dich beherbergen, du bist und bleibst Heimat für mich. Ein Ort, an dem ich gelesen, gelernt, gedacht und geschrieben habe und der mir immer ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit schenkt. Dafür danke ich dir. ​ ​

Mit Neugier und Leselust,
Franziska